Montag, 31. Dezember 2012

Zwischenruf - Geschenke





Weihnachten ist die Zeit der Geschenke. Auch von Kooperationspartnern und Freunden in Verbänden und der Industrie gibt es immer die eine oder andere kleine Aufmerksamkeiten als Dank für die Zusammenarbeit in den letzten Monaten.
Kalender, Marzipan, ein Fläschchen Wein.

Dafür vielen Dank.



In diesem Jahr waren zwei dieser Geschenke aber besonders erwähnenswert, weil nicht nur optischer oder kulinarische Genuss im Vordergrund standen: Zum einen das Buch "Land Grabbing" des englischen Wissenschafts- und Umweltjournalisten Fred Pearce und "Naturschutz in Deutschland - Rückblicke - Einblicke - Ausblicke" von Michael Succow und Ko-Autoren.

Die Weihnachtstage bieten dann auch gleich ausreichend Zeit für eine umfangreiche Lektüre und beide Bücher sind beachtenswert. Fred Pearce beschreibt in einem persönlichen Reportagestil die weltweiten Entwicklungen beim so genannten "Land Grabbing". Die Beispiele aus Afrika und Südamerika sind ja schon häufig in den Medien dargestellt worden, aber dies ist nur die berühmte Spitze des Eisbergs. Auch in Asien, der Ukraine und Australien usw. usw. gibt es die Übernahme von großen Landflächen durch Kapitalgesellschaften, Finanzinvestoren sowie Privatpersonen. Die Dimension ist häufig im Umfang von mehreren 100000 ha. Es ist das Verdienst von Pearce in allen Fällen auch die Historie dieser lokalen Entwicklungen zu beschreiben, deren Ursprünge teilweise noch in der Kolonialzeit liegen, jetzt aber durch das enorme Kapital von Fondsgesellschaften stark beschleunigt ablaufen. Regierungen in den Ländern stehen den Entwicklungen entweder hilflos gegenüber, oder - auch das ist nicht neu - sind korrupt und unterstützen den Ausverkauf ihrer Land- und Wasserressourcen.

Zusätzlich beschreibt Pearce eine andere Dimension, die oftmals in der Diskussion um "Land Grabbing" unbeachtet bleibt. Es gibt inzwischen weltweit einige große Gebiete, die im Namen des Naturschutzes gekauft werden, um Tier- und Pflanzenarten zu bewahren, gleichzeitig werden dann aber die indigenen Völker aus dem Gebiet vertrieben. Hier fordert Pearce die Einheit von Nutzung und Schutz, besonders auch bei nomadisch lebenden Völkern, deren Kultur ausschließlich oder zumindest überwiegend auf der Haltung von Nutztieren beruht. Nach Aussage von Pearce sind dies weltweit mehr als eine Milliarde Menschen. Naturschutz mit Vorrang?

Wenn dies alles so stimmt, wie Fred Pearce es beschreibt, und ich habe keine Grund daran zu zweifeln, dann ist dies eine beängstigende Entwicklung. Immer wieder schwingt im Hintergrund auch die Frage nach der globalen Nahrungsversorgung der Zukunft mit. Pearce bezieht hier eindeutig Stellung. Die Stärkung der Kleinbauern (besser Bäuerinnen)  sind nach seiner Ansicht der Schlüssel für die Sicherstellung der Ernährung und nicht die Entwicklung zu durchorganisierten Großbetrieben. Hier decken sich seine Ansichten mit dem Credo von Jean Ziegler. Ich bin nun wahrlich keine Experte für Welternährungsfragen, aber es macht mich nachdenklich, steht es doch so im Gegensatz zu den Empfehlungen von Organisationen wie der Weltbank.

Nachdenklich hat mich auch das andere Buch zum Naturschutz in Deutschland gemacht. Überwiegend beschreibt es die Entwicklung des Naturschutzes mit - und dies liegt an der Autorenauswahl - einem starken Fokus auf die ehemalige DDR. Umfassend mit Geschichte und aktueller Situation sind die verschiedenen Schutzgebiete mit ihren Besonderheiten auch in schönen Bildern dargestellt. Doch das Schlusskapitel ist eine gnadenlose Kritik an der heute üblichen Form der Landwirtschaft. Im ersten Moment schien mir die ein oder andere Formulierung übertrieben und einige Sachverhalte sind auch schlicht falsch, aber halt. Die Autoren sind profunde Experten aus dem Bereich des Naturschutzes und daher wäre meine persönliche Konsequenz, dass hier das Gespräch zwischen Landwirtschaft und Naturschutz gesucht werden muss. Welche Nutzung ist möglich, wie groß muss der Schutzgebietsanteil sein und wie kann dies organisiert werden, um auch andere gesellschaftliche Ziele zu berücksichtigen?

Zumindest ist es gut, wenn Weihnachtsgeschenke so nachdenklich stimmen.